Quantencomputing

Was unterscheidet Quantencomputer von klassischen Computern?

Es ist theoretisch nachgewiesen, dass Quantencomputer bestimmte Berechnungsprobleme deutlich schneller bewältigen können als klassische digital Computer. Auch einige bisher praktisch unlösbare Verfahren der Künstlichen Intelligenz (KI) und des Maschinellen Lernens (ML) lassen sich in Zukunft durch Quantencomputer erschließen.

Vor allem die Simulation komplexer Systeme und die Lösung von Optimierungsproblemen sind vielversprechende Anwendungsgebiete. Mithilfe von Simulationen lassen sich etwa die Eigenschaften von Molekülen und Materialien vorhersagen. Optimierungsprobleme stellen sich zum Beispiel in der Energiewirtschaft, wenn es um die optimale Konfiguration aller verfügbarer Kraftwerke (Solar, Wind, Gas, ..), um alle Verbraucher zu versorgen ohne das Netz zu überlasten und ohne überschüssige Energie zu produzieren. 

Was wird am Fraunhofer IAIS zu Quantencomputing erforscht?

Am Fraunhofer IAIS entwickeln wir bereits seit mehreren Jahren neue Quantenalgorithmen und forschen an den Potenzialen des Quantencomputings für praktische Anwendungen. 

Unsere Entwicklungen umfassen folgende Punkte:

  • Ressourceneffiziente Quantenalgorithmen: Die Fähigkeiten heutiger Quantencomputer unterliegen strengen Ressourcenbeschränkungen. Naive Formulierungen von Quantenalgorithmen sind auf aktuellen und kommenden Generationen von Quantencomputern aufgrund begrenzter Anzahl an Qubits, begrenzter Qubit-Konnektivität sowie begrenzter Schaltkreistiefe nicht realisierbar. Wir erforschen ressourceneffiziente Alternativen, insbesondere Dekompositionstechniken, um Quantenalgorithmen für praktische Anwendungen auf heutigen Quantenprozessoren ausführen zu können.
  • KI-basierte Synthese von Quantenschaltkreisen: Quantenschaltkreise sind Programme für Quantencomputer. Wir erforschen evolutionäre und Reinforcement-Learning-basierte Methoden zur automatischen Synthese von Quantenschaltkreisen. Im Fokus steht die Optimierung von Clifford-Schaltkreisen, da sie zentrale Subroutinen vieler Algorithmen und der Fehlerkorrektur von Quantencomputern sind.
  • Eklärbarkeit von Quantenschaltkreisen: Viele parametrische Quantenschaltkreise folgen einem variationsbasierten Ansatz. Daher ist oft unklar, inwiefern einzelne Quantenoperationen für eine spezifische Anwendung relevant sind. Wir untersuchen, wie Methoden des erklärbaren maschinellen Lernens zur Erklärbarkeit von Quantenschaltkreisen beitragen können.
  • State-Preparation und Sampling: Um Daten in einen Quantencomputer zu laden, muss ein Quantenzustand erzeugt werden, der die Eingabedaten repräsentiert (State Preparation). Wir erforschen State-Preparation-Methoden auf Basis probabilistischer grafischer Modelle, quadratischer binärer Polynome sowie Force-Directed Graph Drawing.
  • Experimentelle Analyse von Quantencomputern: Unsere Algorithmen erproben wir auf Quantenprozessoren unterschiedlicher Technologien (supraleitend, Ionenfallen, neutrale Atome u. a.) und Hersteller (IBM, IonQ, IQM, D-Wave, QuEra u. a.).
  • Relation zwischen klassischen und quantenmaschinellen Lernverfahren: Wir untersuchen die Relation zwischen klassischen maschinellen Lernverfahren und entsprechenden Quantenalgorithmen, unter anderem für Support Vector Machines, Markov Random Fields, Restricted Boltzmann Machines und neuronale Netze.

Die Forschungsarbeiten zum Quantencomputing sind eng mit der Quantum Machine Intelligence Gruppe des Lamarr-Instituts verzahnt. Ein wichtiger Meilenstein sind neue Erkenntnisse zur Ausdrucksstärke von Quanten Restricted Boltzmann Machines.

 

Wie hilft die Quantencomputing-Forschung Unternehmen?

Ein zentraler Bestandteil unserer Forschung ist zu verstehen, welche praktischen Probleme künftig von Quantencomputern profitieren können. Durch Simulationen und die Ausführung auf realen Quantencomputern ermöglichen wir Unternehmen, die Leistungsfähigkeit heutiger und zukünftiger Quantencomputer für ihre Anwendungen realistisch einzuschätzen und sich auf zukünftige Entwicklungen vorzubereiten. Hier sehen sie drei Anwendungsbeispiele, die wir in unserer wissenschaftlichen Arbeit untersucht haben.

Optimale Steuerung von Energienetzen

Steigende Energiekosten und die wachsende Nutzung erneuerbarer Energien machen eine effiziente Umverteilung im Stromnetz immer wichtiger. Wir erforschen dieses Problem als kombinatorische Optimierungsaufgabe und nutzen moderne Methoden wie quadratische binäre Optimierung (QUBO), die sich besonders für Quantencomputing eignen. So könnte man das Stromnetz flexibler und zukunftssicher steuern.

Energetische Optimierung von Chip-Designs

FPGAs sind wichtige Bausteine im modernen Chip-Design, da sie flexibel und anpassbar sind. Ein entscheidender Schritt beim Entwurf solcher Chips ist die optimale Platzierung der Funktionsblöcke, was die Leistung und Ressourcennutzung direkt beeinflusst. Wir erforschen, wie Quantencomputing helfen kann, diese komplexe Aufgabe effizienter zu lösen und damit das Chip-Design weiter zu verbessern.

Kollisionsfreie Steuerung von Drohnenflotten

Multi-Agent Path Finding (MAPF) sucht konfliktfreie Wege für mehrere Agenten in einem gemeinsamen Raum, was bei vielen Agenten rechnerisch sehr anspruchsvoll ist. Durch die Kombination von Quantencomputing und klassischen Methoden haben wir erstmals einen optimalen hybriden Algorithmus entwickelt, der auf Branch-and-Cut-and-Price basiert. Tests auf echter Quantenhardware zeigen, dass unser Ansatz bisherigen Lösungen überlegen ist.

 

Zusammenarbeit im Bereich Quantum Machine Intelligence

Im Lamarr-Institut forschen wir gemeinsam mit dem Fraunhofer IML sowie der TU Dortmund und der Universität Bonn an Quantum Machine Intelligence. Als eines der zentralen KI-Kompetenzzentren Deutschlands gestaltet das Lamarr-Institut eine neue Generation der KI, die leistungsstark, nachhaltig, vertrauenswürdig und sicher zur Lösung fundamentaler Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft beiträgt.

Publikationen

 

Zeitschriftenartikel (2025) | EN

How can efficient quantum generative models be realized with fewer resources?

The development of generative models for quantum machine learning has faced challenges such as trainability and scalability. A notable example is the quantum restricted Boltzmann machine (QRBM), where non-commuting Hamiltonians make gradient evaluation computationally demanding, even on fault-tolerant devices. In this work, we propose a semi-quantum restricted Boltzmann machine (sqRBM), a model designed to overcome difficulties associated with QRBMs. The sqRBM Hamiltonian commutes in the visible subspace while remaining non-commuting in the hidden subspace, enabling us to derive closed-form expressions for output probabilities and gradients. Our analysis shows that, for learning a given distribution, a classical model requires three times more hidden units than an sqRBM. Numerical simulations with up to 100 units validate this prediction. With reduced resource demands, sqRBMs provide a feasible framework for early quantum generative models.

Maria Demidik, Cenk Tüysüz, Nico Piatkowski, Michele Grossi, Karl Jansen: Expressive equivalence of classical and quantum restricted Boltzmann machines. Communications Physics volume 8, Article number: 413 (2025)

 

Zum Download

Buch (2025) | EN

»Quantum Computing from Hopfield Nets«

This book, intended for readers with basic knowledge of AI/ML, builds on well-known AI/ML models and combines them with concepts from quantum computing, focusing on practical examples and combinatorial optimization. Numerous code examples (Python) and exercises facilitate the introduction and demonstrate how the theory can be applied.

Studie (2020) | DE

»Quantum Machine Learning«

In der Studie der Fraunhofer-Allianz Big Data AI geben wir einen Einblick in das Quantencomputing.

Podcast (2020) | DE

Quanten-KI

Forschung erleben – Zukunft hören: Fraunhofer-Podcast

Prof. Dr. Christian Bauckhage

 

Kontakt

 

Dr. Nico Piatkowski

Gruppenleiter Quantum Machine Intelligence