Führende Köpfe der Medienbranche aus Deutschland und Frankreich fordern vertrauenswürdige, europäische KI-Modelle, klare Regeln für Urheberrechte und eine innovationsfreundliche Regulierung

Künstliche Intelligenz in der Medienbranche: Weichenstellung für Europas Zukunft

Presseinformation /

Auf Einladung des Fraunhofer-Instituts für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS und des französischen Institut national de recherche en sciences et technologies du numérique INRIA trafen sich Ende Oktober 2025 rund 30 führende Expertinnen und Experten aus Medienunternehmen, Technologie- und Forschungsinstitutionen bei RTL Deutschland. Im Rahmen des »French-German Media Industry AI Day« diskutierten sie zentrale Zukunftsfragen: Wie sichern wir digitale Souveränität in Europa? Welche Vor- und Nachteile bietet die Entwicklung branchenspezifischer KI-Modelle für Verlage und Rundfunk? Wie können rechtliche Rahmenbedingungen innovationsfreundlich gestaltet werden und gleichzeitig Desinformation und Missbrauch journalistischer Inhalte verhindern? Die Ergebnisse werden u. a. auf dem Adopt AI International Summit vom 25.–26. November 2025 in Paris präsentiert. Der Medien-Workshop fand im Nachgang des ersten »French-German AI Industry Executives’ Dialogue« statt. Ziel ist es, in verschiedenen Sektoren Partnerschaften aufzubauen und eine KI-Initiative in Europa voranzubringen.

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Die Teilnehmenden des French-German Media Industry Workshops am 29. Oktober 2025 bei RTL Deutschland in Köln: Vertreterinnen und Vertreter aus Medien, Technologie und Forschung diskutierten gemeinsam die Zukunft von KI und Urheberrecht in Europa.
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Carsten Schwecke, Chief Commercial Officer und verantwortlich für alle kommerziellen, technologischen sowie daten- & KI-basierten Aktivitäten bei RTL Deutschland, betonte in seiner Keynote: »Europa braucht ein starkes, souveränes und unabhängiges Medienökosystem – gerade in Zeiten, in denen Künstliche Intelligenz die Regeln des digitalen Wettbewerbs neu schreibt.«
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Im Rahmen von Break-Out-Sessions diskutierten Teilnehmende des French-German Media Industry AI Days« die wichtigsten organisatorischen, politischen und technischen Herausforderungen sowie Lösungsansätze.

Künstliche Intelligenz stellt die Medienbranche vor zwei zentrale Herausforderungen: Einerseits werden urheberrechtlich geschützte Inhalte von KI-Systemen ohne Vergütung genutzt. Andererseits untergraben KI-Anbieter die Geschäftsmodelle vieler Medienunternehmen, indem sie KI-generierte Zusammenfassungen anbieten, so dass die Artikel der Medienhäuser selbst weniger oder nicht mehr gelesen werden – das gefährdet zudem die Grundlage freier Medien. Für Verlage und Sender entsteht so eine doppelte Verlustsituation. Gleichzeitig sind hochwertige Mediendaten essenziell für die Entwicklung von wettbewerbsfähigen und vertrauenswürdigen KI-Modellen.

Gastgeber Carsten Schwecke, Chief Commercial Officer und verantwortlich für alle kommerziellen, technologischen sowie daten- & KI-basierten Aktivitäten bei RTL Deutschland, betonte in seiner Keynote: »Europa braucht ein starkes, souveränes und unabhängiges Medienökosystem – gerade in Zeiten, in denen Künstliche Intelligenz die Regeln des digitalen Wettbewerbs neu schreibt. Wenn internationale Plattformen unsere journalistischen Inhalte ohne Zustimmung oder Vergütung für ihre KI-Modelle nutzen, geht es nicht nur um wirtschaftliche Interessen, sondern um die Grundlage demokratischer Öffentlichkeit. Deutschland und Frankreich haben gemeinsam die Kompetenz, Verantwortung und den kulturellen Auftrag, eine Alternative zu diesem Ungleichgewicht zu schaffen: durch klare Regeln für Urheber- und Leistungsschutzrechte, vertrauenswürdige, europäische KI-Modelle und eine innovationsfreundliche Regulierung. Unser Ziel ist es, redaktionelle Inhalte zu schützen und zu fördern, Meinungsvielfalt zu sichern und gleichzeitig Innovation zu entwickeln – damit europäische Medienhäuser auch in der KI-Ära unabhängig bleiben, Vielfalt sichern und ihre zentrale Rolle für eine informierte, demokratische Gesellschaft erfüllen können.«

Stefan Heijdendael, Advisor Public Affairs bei NDP Nieuwsmedia, stellte als Best-Practice-Beispiel ein niederländisches KI-Modell vor, das mit lizenzierten Pressedaten trainiert und in ein faires Vergütungssystem eingebunden wurde. Während Heijdendael den Vorteil von Closed-Source-Modellen hervorhob, um die Interessen der Verlage zu schützen, stellte Dr. Nicolas Flores-Herr, Teamleiter Foundation Models und GenAI Systems am Fraunhofer IAIS, aktuelle europäische Projekte zum Training von KI-Modellen vor, die mittels Open-Source-Ansatz Innovationen befeuern und Zusammenarbeit stärken sollen. Im Rahmen der folgenden Break-Out-Sessions wurden die wichtigsten organisatorischen, politischen und technischen Herausforderungen sowie Lösungsansätze diskutiert:
 

Schutz von Geschäftsmodellen, Etablierung eines fairen Entlohnungssystems

Die teilnehmenden Verlage und Sender fordern den Schutz ihrer Geschäftsmodelle und Medieninhalte – etwa durch technische Maßnahmen wie das effektive Blockieren von Daten-Crawlern und die Einführung von Monitoring-Systemen, um die unerlaubte Nutzung von Inhalten zu verhindern und Verstöße nachweisen zu können. Weiterhin wünschen sie sich ein Lizenzsystem, das sie dafür entlohnt, wenn KI-Modelle mit ihren Daten trainiert werden. Im europäischen Medien-Ökosystem fehle bisher ein gemeinsames Verständnis für die Vergütung von Medieninhalten.
 

Digitale Souveränität und innovationsfreundliche Regulierung

Von der Politik wünschen sich die Teilnehmenden sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene eine stärkere Unterstützung, etwa durch die Nutzung und Förderung EU-konformer KI-Modelle. Darüber hinaus wurde der Aufbau europäischer Alternativen – etwa in Form von KI-Plattformen mit diversen Medieninhalten und Links zu Originalquellen – diskutiert. Zudem sollten KI-generierte Zusammenfassungen reguliert und die rechtliche Situation rund um Text- und Data-Mining (TDM) schnell geklärt werden. Ein zentrales Anliegen war außerdem die Transparenz beim Training von KI-Modellen: Es müsse nachvollziehbar sein, welche Datensätze verwendet werden, und Opt-Out-Regelungen müssten respektiert werden.
 

Zugang zu Infrastruktur und hochwertigen Daten

Diskutiert wurde zudem die Entwicklung eigener europäischer Large Language Models (LLM) und Foundation Models speziell für den Mediensektor, die auf den Daten von Verlagen und Sendern aufbauen könnten. Um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, wäre eine stärkere Zusammenarbeit bestehender europäischer Tech-Teams hilfreich. Voraussetzung dafür sei die Verfügbarkeit von hochwertigen, möglichst menschlich kuratierten Daten sowie der Zugang zu geeigneter Cloud-Infrastruktur und die Integration von Nutzererfahrungen. Darüber hinaus sollten auch wirtschaftliche Fragestellungen – etwa zur Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle und zur monetären Bewertung von Inhalten – künftig stärker in Forschungsansätze einfließen.

Abschließend wurde die Sicherung von Medienvielfalt, Demokratie und Pressefreiheit durch KI-Lösungen, die Pluralismus und Meinungsvielfalt fördern, als gesellschaftliche Kernaufgabe identifiziert – ein geschlossenes Vorgehen der Branche sowie ein intensiver Stakeholder-Dialog seien dafür essenziell. Dr. Joachim Köhler, Abteilungsleiter am Fraunhofer IAIS, fasst zusammen: »Die europäische Medien- und Technologiebranche steht vor der Herausforderung, innovative KI-Lösungen zu entwickeln, die sowohl die Interessen der Rechteinhaber als auch die Anforderungen an Transparenz und Qualität erfüllen. Wir möchten Wege ausloten, wie ein ausgewogenes und innovationsfreundliches Ökosystem für Foundation Models in Europa entstehen kann – durch die enge Zusammenarbeit von Forschung, Industrie und Medienhäusern.«
 

Ausblick: Präsentation der Ergebnisse und nächste Schritte

Der »French-German Media Industry AI Day« fand im Nachgang des ersten »French-German AI Industry Executives’ Dialogue« – organisiert vom Fraunhofer-Verbund IUK-Technologie und INRIA mit Unterstützung von Institut Mines-Télécom (IMT) – statt. Ziel ist es, in verschiedenen Sektoren Partnerschaften und Kollaborationen aufzubauen und eine gemeinsame KI-Initiative in Europa voranzubringen. Die Ergebnisse der insgesamt sieben Branchen-Workshops werden vom 25. bis 26. November 2025 auf dem Adopt AI International Summit in Paris vorgestellt. Folge-Workshops und weitere Ergebnis-Präsentationen sind bereits in Planung, u. a. beim »2nd AI Executive Dialogue« 2026 in Paris.
 

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